Dieser andere Arbeitgeber war ein 1,95 m grosser breitschultriger Marokkaner namens Abu. Er betrieb seit ca. sieben Jahre die Tanzbar Papillon in Laatzen und war als Chef bei vielen DJs unbeliebt. Kollegen und Bekannte warnten mich davor, dass die meisten DJs es nicht lange bei ihm aushielten, obwohl er fast das Doppelte an Gage zahlte wie in Luthe. n der Tat war Abu stellenweise recht rüde und obendrein ein Schlitzohr, aber ich erkannte schnell, dass er ein Arbeitstier war und seinen Laden liebte. Jeden Abend stellt er sich selbst hinter seine Theke und mixte die Getränke für die Kellner und seine Gäste. Es war schwer mit ihm zu arbeiten und ich stand mehr als einmal kurz vor einem Rausschmiss.
Mit der Zeit erarbeitete ich mir allerdings seinen Respekt. Wenn es jemandem gibt, bei dem ich gelernt habe aufzulegen, dann war das Abu. Er hatte keine Ahnung von dem DJ-Job selber, wusste aber ganz genau was er wollte und konnte mir das auf seine unnachahmlichen Art vermitteln: ‑ Niko! Wenn Du von schnell auf Fummelrunde gehst, dann musst Du Überbrückungsplatte spielen. Ich blieb trotz anderer lukrativeren Angebote über 3 Jahre im Papillon, bis Abu den Laden an den Betreiber des ‑ Nanu Salzgitter verkaufte.
Mit dem neuen Chef legte ich mich kurz nach der Übernahme am Telefon sofort an und war natürlich erstmal raus, bevor wir uns überhaupt kennengelernt hatten. Ich fuhr in den Urlaub und als ich wiederkam hatte überraschenderweise ein Kommilitone von mir, den ich auch als DJ im Papillon untergebracht hatte, für uns beide einen Job im Zinnlöffel (Hannover Stadt) gefunden.
Diese recht kleine Bar war eine Chill-Out-Zone. das heisst er wurde erst dann voll, wenn die anderen Läden dichtmachten, Das zum Einen und dadurch, dass diese Bude von Hannover aus zu Fuß erreichbar war, war die Gästeklientel auch dementsprechend. Das Zinnlöffel war in den 80gern ein sehr beliebter After-Party-Treffpunkt, aber diese Zeiten waren längst vorbei und die über 50jährige Betreiberin Illona, die übrigens eine sehr eindrucksvolle Persönlichkeit war, verkaufte 4 Monaten nach meiner Einstellung den Betrieb an einen Iraner, der ein absoluter Neuling in der Branche war. Obwohl er ein nicht unsympathisch Mensch war, beendete ich sofort nach der Übernahme das Arbeitsverhältnis. Dabei kam es mir sehr gelegen, dass Abu mich anrief und mir mitteilte ich solle mich bei der Geschäftsführung seines ex-Ladens melden.
Das Papillon war mittlerweile umgebaut und hieß jetzt Nanu Laatzen. Der Betreiber war mit seinen eigenen Leuten, die er aus Salzgitter importiert hatte, unzufrieden und wollte einen lokalen DJ, der mehr Erfahrung mit den Laatzenern hatte. Ich fuhr an dem darauf folgenden Samstag hin, unterhielt mich mit der Geschäftsführerin und stellte nach dem schlechten Erstkontakt vier Monate zuvor. als Bedingung ein persönliches Gespräch mit dem Betreiber. Ich wollte einfach wissen, mit wem ich mich da einlasse. So lernte ich also vier Tage später Heiner Oppermann kennen. Wir mussten beide feststellen, das wir uns sympathisch waren und unser hitziges Telefonat auf Missverständnissen basierte.
Heiner stellte sich zu meiner Überraschung als gebildeter und niveauvoller Mensch dar, der allerdings kein Kneiper so wie Abu, sondern mehr Betriebswirt ist, und früher selber als DJ und Moderator gearbeitet hatte. Wir besprachen seine konzeptionellen Vorstellungen und einigten uns auf eine Gage von 200,- DM, was für meine damaligen Verhältnisse als noch-Student eine Menge Geld war. Darüber hinaus bot er mir die Möglichkeit bei einer positiven Entwicklung unseres geschäftlichen Verhältnisses im Nanu Salzgitter aufzulegen. Das Nanu in Salzgitter war damals die angesagteste Disco der Region. Selbst in Hannover und Wunstorf redete man mit grosser Hochachtung über die Professionalität dieses Betriebes, der sowohl ein Discothek- als auch einen Tanztreff-Bereich beinhaltete. Damals war das so etwas wie eine Sensation und ich hätte es nie für möglich gehalten, dass ich jemals in so einem Laden auflegen dürfte.
Ich begann ab dem Sommer 1993 für das Nanu Laatzen zu arbeiten und wurde schon nach 3 Monaten in das Nanu nach Salzgitter beordert, wo ich fast zwei Jahre zusammen mit anderen DJ s in Rotation auflegte. Im August 1995 kam es zu einem Eklat, weil die Gästezahlen, durch einen außergewöhnlichen Sommer bedingt, seit dem Juni stark sanken und Heiner uns DJ s dafür mit die Verantwortung zog. Da ich zu diesem Zeitpunkt mittlerweile so etwas wie der Chef-DJ im Nanu war, wurde hauptsächlich ich heftig mit allen möglichen gerechtfertigten und ungerechtfertigten Vorwürfen konfrontiert.
Bis mir im August der Kragen platzte und ich mich nach einem kurzen meinerseits wutschaubend vorgetragenem Diskurs über Sündenbocktheoreme nach einem neuen Job umsehen durfte. Ich möchte hier allerdings erklärend hinzufügen, dass wir uns zwar im Streit getrennt hatten, aber nie ernsthaft böse aufeinander waren. Wir haben nach wie vor ein gutes respektables Verhältnis zueinander. Es hat halt nur beruflich zwischen uns nicht gepasst.